Johannes Gutenberg: Der Mann, der die Welt veränderte
Beiträge . Helden und VorbilderJohannes Gutenberg revolutionierte die Welt mit der Erfindung der Buchdruckkunst. Trotz seiner bahnbrechenden Innovationen war sein Leben von finanziellen Schwierigkeiten geprägt.
Als das Abendlicht über Mainz hereinbrach, verließ der Erzbischof das Haus seines Freundes nach einer wichtigen Besprechung. Vor dem Anwesen wartete bereits eine Kutsche, in der ein weiterer Geistlicher saß, geschützt vor der schneidenden Kälte des Januars. „Ihr habt mich rufen lassen, hochwürdigster Herr?“ „Ja, Bruder. Ich wollte während der Fahrt zum Palais einige Dinge besprechen.“ Ruckartig setzte sich die Kutsche in Bewegung durch die engen, glatten Gassen. Der Blick aus dem Fenster bot ein einheitliches, unfreundliches Grau der Abenddämmerung.
Plötzlich schrak der Erzbischof zusammen. „Ist das nicht Gutenberg?“ „Ja, das ist er.“ Die beiden Geistlichen beobachteten einen alten Mann, der sich mit der linken Hand an der Mauer der Kirche behutsam entlang tastete. Der alte Mann sah ungepflegt, armselig aus. „Er kann sehr schlecht sehen“, wollte der Ordensmann erklären. „Ist er nicht schon blind? So sieht er jedenfalls aus, wenn man ihn beobachtet!“
Der Erzbischof öffnete die Tür der Kutsche, raffte sein Gewand zusammen und ging auf den Alten zu. „Wohin des Weges, Meister Gutenberg?“ Der hielt inne und lehnte sich an die kalte Kirchenwand. Man konnte seinen Atem in der Kälte wie eine Dampfwolke sehen. „Ich gehe in die Kirche, Herr!“ „Darf ich helfen, Meister? Ihr seht schlecht!“ Der Erzbischof trat an seine Seite und schob den Arm unter den seinen. „Ihr seid kein gewöhnlicher Bürger, Herr. Ich fühle es an eurer Kleidung und sehe es an eurem Umriss. Wer seid ihr?“ „Ich bin ein Verehrer eurer Kunst, Meister!“ „Meiner Kunst? Sie ist das Geschäft der anderen geworden. Ich bin nur noch ein armer, alter Narr. Ich kann nicht einmal mehr lesen, was sie heute drucken. Meine Augen können es nicht mehr erfassen.“
„Darf ich euch bitten, in meiner Kutsche Platz zu nehmen? Ihr müsst doch frieren, Meister. Eure Kleider sind, mit Verlaub, nicht mehr eurer würdig und für die Kälte viel zu dünn!“ „Wer seid ihr, Herr?“ „Ich bin euer Freund. Ihr habt der Welt eine Erfindung geschenkt, von der man einmal sprechen wird. Ich werde euch wie einen Ritter einkleiden, Gutenberg! Ich werde euch dazu jährlich 20 Malter Korn geben, und damit wird für euch die Not ein Ende haben. Auch zwei Fuder Wein werde ich für euch übrig haben.“
Sie hatten die Kutsche erreicht. Schwer atmend sank der alte Meister in die Polster. Der Erzbischof ließ sich neben ihm nieder. „20 Malter Korn?“, sagte da plötzlich der Greis. „20 Malter Korn für meine Buchdruckkunst! Das ist ein großes Geschenk für mich, ein guter Lohn!“ Die beiden Geistlichen sahen, wie Tränen aus den Augen des alten Mannes quollen und in den ungepflegten Bart hinunterrollten. „Das bedeutet, keinen Hunger mehr zu haben!“
Am 17. Januar 1465 ernannte Erzbischof Adolf von Nassau Gutenberg zum Hofmann, trotz ihrer früheren politischen Differenzen. Diese Ernennung befreite Gutenberg von allen Diensten, Lasten und Steuern und sicherte ihm jährlich eine Hoftracht, 20 Malter Korn und zwei Fuder Wein.
Das Mysterium Gutenberg
Johannes Gutenberg, eigentlich Johannes Gensfleisch, bleibt eine schwer fassbare Figur für Historiker. Sein Geburtsdatum liegt zwischen 1394 und 1399, wobei der 24. Juni 1397 als wahrscheinliches Datum angenommen wird.
Sein Vater, Friele Gensfleisch, gehörte einem Mainzer Patriziergeschlecht an und bewirtschaftete den Gutenberghof, nach dem Johannes benannt wurde.
Über Gutenbergs frühes Leben ist wenig bekannt. Da Mitglieder wohlhabender Familien Zugang zu höheren Bildungseinrichtungen hatten, ist anzunehmen, dass Gutenberg in der Literatur, Philosophie, Theologie und möglicherweise in praktischen Wissenschaften und Techniken eine Ausbildung erhielt. Einige Historiker vermuten, dass Gutenberg in Erfurt studiert haben könnte, eine der ältesten und angesehensten Universitäten im deutschsprachigen Raum. Da jedoch konkrete Beweise fehlen, bleibt dies reine Spekulation.
Jungunternehmer in Straßburg
Nachdem die politischen Verhältnisse in Mainz für ihn unerträglich wurden, lebte Gutenberg von 1434 bis 1444 in einer Straßburger Vorstadtbehausung. Hier beschäftigte er sich mit allerlei geheimen Künsten. 1437 gründete er ein Geschäft zur Herstellung von Spiegeln für Pilger. Vermutlich befasste er sich in dieser Zeit erstmals mit dem Drucken. Im Jahr 1448 hält er sich nachweislich wieder in Mainz auf und konzentriert sich auf die Arbeit an seiner Druckerpresse.
Die Erfindung der Druckerpresse
Schon vor Gutenberg gab es Techniken des Druckens: Holzschnittdruck, Stempel oder mit Lettern aus Keramik. Gutenberg nutzte das vorhandene Wissen und entwickelte die bestehenden Techniken weiter. Viele Schritte waren notwendig.
Als Grundlage für seine Druckerpresse nutzte Gutenberg das Prinzip und die Mechaniken von Weinpressen. So gelang zunächst das gleichmäßige Auftragen des Drucks auf das Papier oder Pergament. Als Nächstes war eine geeignete Druckerschwärze vonnöten, da die bisherigen Tinten wasserbasiert waren und verschmierten. Also experimentierte und entwickelte Johannes eine spezielle ölbasierten Druckfarbe, die besser auf den Metalllettern haftete und sauber auf das Papier übertragen werden konnte.
Der zentrale Teil von Gutenbergs Erfindung war jedoch die Entwicklung von beweglichen Lettern. Diese Lettern wurden einzeln aus einer Legierung gegossen, bestehend aus Blei, Zinn und Antimon. Mit seinem speziell entwickelten Handgießinstrument konnten die Metalllettern in Massenproduktion hergestellt werden. Jede Letter war gleichmäßig und präzise, was zu einem einheitlichen Druckbild führte.
Der Bankrott
Gutenbergs finanzielle Situation war häufig instabil, das Erfinden, Experimentieren und Entwickeln war äußerst kostspielig. Er musste sich wiederholt Geld leihen, um die großen Materialausgaben zu decken. Schließlich hatte seine Erfindung Erfolg und er stellte die ersten Kalender und vor allem Ablasszettel her.
Die Einnahmen daraus steckte er aber direkt wieder in Verbesserungen und neue Projekte, sodass seine Geldgeber vergeblich auf die Rückzahlung warteten. Zahlreiche Prozesse folgten. Diese rechtlichen und finanziellen Auseinandersetzungen prägten einen wesentlichen Teil seines Lebens.
Johann Fust, ein wohlhabender Mainzer Kaufmann, gewährte Gutenberg gleich mehrere Darlehen, um die Druckerpresse und die Materialien für den Druck der berühmten 42-zeiligen Bibel zu finanzieren. 1455 verklagte Johann Fust Gutenberg, um die Rückzahlung der gewährten Darlehen zu erzwingen. Das Gericht entschied zugunsten von Fust, und Gutenberg verlor nicht nur das Kapital, sondern auch die Druckerpresse und andere wesentliche Geräte, die er in die Produktion der Bibel investiert hatte.
Dieses Urteil war ein schwerer Rückschlag für Gutenberg. Obwohl vor Vollendung der 42-zeiligen Bibel im Jahr 1455 alle Bände verkauft waren, ging Gutenberg bankrott. Denn nach damals üblichen Zahlungsbedingungen wurde das Geld erst ein halbes oder sogar ein ganzes Jahr nach Übereignung fällig.
Ein Zeichen von Wohlstand und Bildung
Vor Gutenbergs Erfindung waren Bücher äußerst kostspielig und zeitaufwändig in der Herstellung. Sie wurden hauptsächlich in Klöstern und später in den Werkstätten von Kopisten handschriftlich hergestellt. Die Dauer der Herstellung hing von der Länge und des Schwierigkeitsgrades des Textes ab sowie von der Komplexität der Illustrationen und Verzierungen. Für ein umfangreiches Werk wie eine Bibel konnte der Kopierprozess mehrere Monate bis zu Jahren in Anspruch nehmen.
Der hohe Zeitaufwand und das Fachwissen der Schreiber waren kostspielig. Dazu kamen die Materialkosten: Papyri, Pergament oder Vellum (hochwertiges Kalbsleder), Tinten und Farben. Die Buchbindung war ebenfalls aufwendig und teuer, insbesondere wenn das Buch in Leder eingebunden und reichhaltig verziert wurde. Die Kosten für die Herstellung eines handschriftlichen Buches entsprachen schätzungsweise dem Jahresgehalt eines durchschnittlichen Arbeiters oder Handwerkers.
Ein bleibendes Erbe
Gutenbergs Erfindung ermöglichte den Druck in großen Mengen zu geringeren Kosten und in kurzer Zeit. Jetzt waren Bücher für eine breitere Bevölkerungsschicht erschwinglich und trugen somit maßgeblich zur Alphabetisierung, Verbreitung von Wissen und kulturellem Austausch bei.
Galilei in Italien erfuhr, was Kopernikus im fernen Ostpreußen dachte. Kolumbus errechnete anhand eines gedruckten Buches den Seeweg nach Ostindien und versuchte, das Morgenland in westlicher Richtung zu erreichen. Martin Luther wäre niemals so schnell bekannt geworden, wären seine 95 Thesen nicht innerhalb von vier Wochen gedruckt und in der ganzen abendländischen Christenheit verbreitet gewesen. In seinen Tischreden lobte er die Erfindung Gutenbergs:
„Die hohen Wohltaten der Buchdruckerei sind mit Worten nicht auszusprechen. Durch sie wird die Heilige Schrift in allen Zungen und Sprachen eröffnet und ausgebreitet, durch sie werden alle Künste und Wissenschaften erhalten, gemehrt und auf unsere Nachkommen fortgepflanzt. Die Druckerei ist das höchste und äußerste Gnadengeschenk, durch welches Gott die Sache der Evangeli forttreibt; es ist die letzte Flamme vor dem Auslöschen der Welt.“
Während Gutenbergs Erfindung eine enorme kulturelle und technologische Revolution auslöste, brachte es ihm wenig Reichtum. Seine Geschichte ist ein eindrucksvoller Beleg für die oft schwierigen Bedingungen, unter denen Pioniere ihren Weg bahnen.
Sein Sterbetag ist unbekannt. Aus den Stadtarchiven ist nur ersichtlich, dass er am 26. Februar 1468 nicht mehr lebte. Er wurde in der Mainzer Franziskanerkirche beigesetzt und als die Kirche 1742 abgerissen wurde, verschwand auch Gutenbergs Grab.