
Die Hecke – Schwelle zwischen Welt und Wunder
Beiträge . Unterm HimmelszeltSie duckt sich an Grundstücksränder, wächst stumm und wehrhaft – die Hecke. Doch wer sie nur für ein bisschen Grünzeug am Wegesrand hält, verkennt ihre Kraft. Denn sie ist Grenze. Geheimnis. Geschichtenhort.
Früher nannte man sie Hag – und aus diesem Wort spross nicht nur der Gartenzaun, sondern auch die Hexe. Die Hagazussa, Zaunreiterin zwischen Diesseits und Jenseits, hauste in der Hecke.
Ihre Äste bilden ein Fenster in eine andere Welt – aber nicht jeder sieht hindurch.
Die echte Hecke war nie bloß Deko. Sie war Schutz – vor Tieren, Feinden, Eindringlingen. Weißdorn, Hagebutte, Hainbuche – dicht gepflanzt, dornig und fast undurchdringlich. Wer hindurchwollte, musste Mut beweisen. Wie die Märchenprinzen, die sich an den Dornen rieben, bevor sie das schlafende Dornröschen erreichten. Die Hecke – als Test. Für Entschlossene. Für Wagemutige.
Mit der Zeit wurde aus der wilden Wand ein Kunstwerk. In barocken Schlossgärten entstanden aus Hecken ganze Irrgärten – Wege der Verführung, der Verirrung, der Selbsterkenntnis. Man schnitt sie in geometrische Formen, brachte Ordnung ins Dickicht. Doch auch dort, hinter jeder akkurat geschnittenen Wand aus Grün, blieb ein Rest Geheimnis. Ein Flüstern aus alten Zeiten.