Anton Bruckner: „Musikant Gottes“
Beiträge . Helden und VorbilderAnton Bruckner hinterließ der Nachwelt ein außergewöhnliches Klangerlebnis – Werke für große Besetzungen: Sinfonien und Chorwerke mit Orchester. Seinen beschwerlichen Weg beschritt er mit Fleiß, Ausdauer und unbeirrbaren Gottesglaube.
Anton Bruckner wurde im Jahr 1824 im oberösterreichischen Ansfelden in einfachen und ländlichen Verhältnissen geboren. Zunächst tritt er in die Fußstapfen seines Vaters und wird Lehrer. Bis weit ins Erwachsenenalter hinein zweifelt Bruckner an seiner musikalischen Begabung. So schlitterte er erst mit 31 Jahren in seine erste Anstellung als Berufsmusiker. Sein virtuoses Orgelspiel brachte ihm die Nachfolge des verstorbenen Linzer Domorganisten ein. Später tritt er als Organist in den Dienst der Wiener Hofmusikkapelle, einer der traditionsreichsten Pflegestätten katholischer Kirchenmusik. Als Orgelvirtuose war er vor allem für seine Improvisationen bekannt und wurde nach Nancy, Paris und London eingeladen.
„Wer hohe Türme bauen will, muss lange beim Fundament verweilen.“
Trotz diesem und vielen weiteren Erfolgen mangelte es Anton Bruckner an Selbstbewusstsein. So unterwarf er sich strengster fachlicher Qualifizierungen und strebte beharrlich nach musikalischer Vervollkommnung. Dieser immerwährende Schaffensdrang und die hohen Anforderungen an sich selbst führten ihn mehrmals an seine Belastungsgrenzen.
In Leipzig, fernab des Wiener „Kampfplatzes“, gelang ihm im Jahr 1884 endlich der große Durchbruch mit der Uraufführung seiner 7. Sinfonie. Als hohe Ehrung und Bestätigung seines Schaffens folgte 1886 die Verleihung des Ritterkreuzes des Franz-Joseph-Ordens und zahlreiche Ehrenmitgliedschaften. Doch die wohl höchste Auszeichnung für Bruckner war die Verleihung der Ehrendoktorwürde durch die Wiener Universität.
„omnia ad maiorem dei gloriam“ – „alles zur größeren Ehre Gottes“
Seinen vollendeten Werken fügte Bruckner die religiöse Wendung „omnia ad maiorem dei gloriam“ – „alles zur größeren Ehre Gottes“ hinzu. Denn seine wirkliche, tief ihm innewohnende Kraft fand Bruckner in seiner demütigen Liebe zu Gott. Von Kindheit an spielte die Religion eine entscheidende Rolle in seinem Leben. Zahlreiche Kalendernotizen geben Auskunft über täglich gesprochene Gebete wie das „Vater Unser“, das „Ave Maria“ oder das „Salve Regina“. Bruckners gelebter Glaube spiegelte sich auch in seinem von mönchischer Einfachheit geprägten Lebensstil wieder. Auch die Disziplin und die Tugenden des Gehorsams, der Unterordnung und der Enthaltsamkeit begleiteten ihn lebenslang. Ein Schüler Bruckners schrieb: „Manchmal geschah es, dass der Meister, zurückgelehnt in seinem Stuhl, regungslos dasaß. Erst glaubte ich, er dächte über seine Komposition nach, mit der Zeit aber fiel mir auf, dass immer bei diesem Zustand eine Glocke auf der nahen Votiv-Kirche läutete: Bruckner betete.“
„Te Deum laudamus“ – „Wir loben Dich, oh Gott“
Die tiefe Gewissheit um Gottes liebende Führung war es, die ihn befähigte, seine kompositorischen Fähigkeiten voll auszuschöpfen und über schwierige Zeiten und Anfeindungen hinweg zu kommen. Denn mit seinem bescheidenen und religiösem Lebensstil, zu dem auch regelmäßiges Fasten und die Beichte gehörten, war er unter den Künstlern seinerzeit ein seltenes Exemplar und stieß oft auf Unverständnis. Auch die Wiener Presse und vor allem der Kritiker Eduard Hanslick machten ihm zu schaffen. So beklagt er bei einer Audienz Kaiser Franz Joseph sein Elend. Als der Monarch fragt, welchen Wunsch er Bruckner erfüllen könnte, da platzt es aus ihm heraus: „Majestät, verbietens allergnädigst dem Hanslick, daß er schlecht über mi‘ schreibt.“ Freundlich lächelnd antwortete der Kaiser: „Das kann wohl auch ich nicht!“ Jedoch bot er ihm finanzielle Unterstützung an, sodass Bruckner auch außerhalb Wiens seine Werke aufführen und so dem gefürchteten Kritiker aus dem Wege gehen konnte.
Weil die Vertonung des „Te Deum“ aus Dankbarkeit an Gott für seine überstandenen Leiden in Wien geschah, verdanken wir vielleicht gerade Bruckners Kritikern sein nach eigenen Angaben „Stolz meines Lebens“. Bruckner sagte einst: „Ich glaub, wenn es beim Jüngsten Gericht schief ging, möcht ich dem Herrgott die Partitur vom Te Deum hinhalten und sagen: ,Schau, das hab ich ganz allein für Dich gemacht‘, nachher würd ich schon durchrutschen“.
Bruckner als Wegweiser in die himmlische Wirklichkeit
Anton Bruckners Quelle der Kraft und Inspiration war sein tief verwurzelter katholischer Glaube, und natürlich wirkte sich das auch auf seine Musik aus.
So bekam er einmal nach der Aufführung seiner f-Moll-Messe von einer unbekannten Dame einen Blumenstrauß und die Mitteilung: „Sie haben meine Seele gerettet, ich glaubte gar nichts – da hörte ich Ihre Messe.“
Auch heute vertreten Theologen und Musikwissenschaftler die Ansicht, dass Bruckners Tonkunst die Vertiefung des religiösen Lebens stärkt, und befürworten seine Seligsprechung. Nachdem in den 1950er Jahren der erste Versuch eines Seligsprechungsverfahrens scheiterte, zeigen sich jetzt zahlreiche Unterstützer zuversichtlich.
Im Finale des „Te Deum“ heißt es: „In Te, Domine, speravi, non confundar in aeternum.“ – „Auf Dich, oh Herr, habe ich gehofft, dass ich in Ewigkeit nicht vergehe“.
Bruckner Religiosität prägte sich stark in das allgemeine Bewusstsein und so entstand sein Beiname: „Musikant Gottes“.