Kleine Götterkunde

Vom Anbeginn der Zeit richteten die Menschen ihren Alltag und ihr Leben nach der Natur, den Gestirnen und den Göttern aus. Auch heute noch spiegelt sich diese Gepflogenheit in unserem täglichen Leben wider.

War es die anfängliche Leere mit einem ungeheuren, dunklen und gierig gähnenden Schlund, eine Art uranfängliches Chaos, aus dem unsere Welt entstand? Fragen über die Entstehung der Welt, der Götter und Menschen kehren bei allen Völkern wieder. Die in der Natur wirkenden Kräfte, die Bewegung der Himmelskörper und der Wechsel von Licht und Finsternis, von Sommer und Winter waren existenzielle Indikatoren für unsere Vorfahren. Die Germanen waren der tiefen Überzeugung, dass Finsternis und Kälte die Keimzeit des lichten und warmen Lebens ist. So rechneten sie die Zeit nach Nächten und Wintern.

Heute brauchen wir unseren Blick nicht mehr gen Himmel zu richten oder Nächte zu zählen. Wir haben einen zuverlässigen Kalender und können unser Leben schon Tage, Wochen, Monate oder sogar Jahre im Voraus planen. Doch der uns bekannte Jahrweiser hat eine lange Entwicklung und mehrere Reformen durchlaufen. An der Namensgebung für unsere Wochentage und Monate lassen sich noch heute Rückschlüsse auf unsere Vorfahren und ihren Glauben an Gottheiten ziehen.

Julianischer Kalender

Im Römischen Reich begann das Jahr ursprünglich am 1. März und wurde durch die Kalenderreform von Julius Cäsar um 45 v. Chr. auf den 1. Januar verlegt. Somit wurde der römische Kalender vom julianischen Kalender abgelöst. Beginnend mit dem Jahr 1582 wurde auch dieser schrittweise durch den in astronomischer Hinsicht verbesserten gregorianischen Kalender ersetzt. Doch in manchen Teilen der Welt blieb der julianische Kalender bis weit in das 20. Jahrhundert hinein gültig, im kirchlichen Bereich teilweise noch heute. Nach julianischem Datum wäre heute nicht der 15. Januar, sondern der 2. Januar 2022.

Gregorianischer Kalender

Seit dem Ende des 16. Jahrhunderts ist der gregorianische Kalender, oder auch bürgerlicher Kalender genannt, der weltweit meistgebrauchte Jahresweiser. Der Namensgeber ist Papst Gregor XIII., der ihn 1582 mit der päpstlichen Bulle „Inter gravissimas“ verordnete. Wie sein Vorläufer, der julianische Kalender, ist auch dieser ein Solarkalender, jedoch mit einer verbesserten Schaltjahresregelung. Ein wesentlicher Bestandteil der Reform war ein korrigiertes Verfahren zur Bestimmung des Osterfestes. 

Auch war ein einheitlicher Frühlingsanfang zum 21. März sowie ein einheitlicher Jahresbeginn zum 1. Januar relevant. Da Januar im Lateinischen „ianua“ heißt und „Tür“ bedeutet, ergibt das natürlich Sinn. Auch bot sich die Nähe zum Christfest und der Wintersonnenwende für diesen gewählten Neujahrsbeginn an. Im Mittelalter begannen das Jahr und somit auch die Feiertage an unterschiedlichen Tagen. So löste der gregorianische Kalender zum 5. Oktober 1582 den julianischen und auch verschiedene andere Kalendarien ab.

Jeder Wochentag für einen Gott

In vielen Kulturen wurden die Wochentage nach Gottheiten oder Himmelskörpern benannt und noch heute ist die ursprüngliche Bezeichnung erkennbar. Die Germanen nahmen sich die römischen Götter zunächst als Vorbilder, entschieden sich später jedoch dazu, ihre eigenen Bezeichnungen zu wählen. Auch lässt sich anhand der Wochentage ableiten, welcher Stellenwert diesen Göttern eingeräumt wurde.

Zur damaligen Zeit galt der Sonntag als Wochenbeginn und wurde bei den Römern nach dem Sonnengott Sol, also „dies Solis“ getauft. Auch die Germanen konnten sich mit der Sonne identifizieren und benannten den Sonntag nach ihrer Sonnengöttin „Sunna“.

Da bei den alten Germanen der Mond der Bruder der Sonne ist, folgt auf den Sonntag der Tag zu Ehren des Mondes. So wurde dem Gott des Mondes, Mani, der Montag gewidmet. Die alten Römer nannten ihn „dies Lunae“, “der Tag des Mondes”.

Der Dienstag gedenkt des römischen Kriegsgottes Mars. Die Germanen nannten ihn Tius, Gott des Rechts und Schutzherr der Thingversammlung (Volks- und Gerichtsversammlung).

Da Konstantinopel an einem Dienstag fiel, gilt in der griechischen Kultur der Dienstag traditionell als Unglückstag.

Der germanische Göttervater Wodan wird mit dem Mittwoch geehrt. Im englischen „Wednesday“ ist dieser Ursprung noch erkennbar. In Deutschland des zehnten Jahrhunderts wurde dieser Name von der katholischen Kirche abgeschafft und schlicht zur Mitte der Woche, zum uns heute bekannten Mittwoch erklärt. Doch wurde 1976 der Wochenbeginn von Sonntag auf Montag verlegt, sodass diese Bezeichnung eigentlich nicht mehr korrekt ist.

Doch der Gewittertag, Donnerstag, ist schon an den Wettergott Jupiter vergeben. Für die Römer war er ihre oberste Gottheit und wurde „dies Lovis“ genannt. Bei den Germanen war Thor als Gewitter- und Wettergott bekannt und so wählten sie ihn mit „Donar“ als Namensgeber.

Der Freitag steht ganz im Zeichen der Liebe und der Schönheit. Bei den Germanen war es die Göttin Frija, auch Frigga genannt, die Schutzgöttin der Ehe, des Lebens und der Mutterschaft. Das römische Gegenstück ist die Liebesgöttin Venus, also „dies Veneris“.

Saturn war der römische Gott des Ackerbaus und Namensgeber für den Samstag. Im englischen Saturday, dem Tag des Saturns, ist diese Herkunft noch gut heraushörbar. In manchen Regionen wird der Samstag auch als Sonnabend bezeichnet. Hier ist der jüdische Sabbat im Spiel. Im Judentum ist es ein Tag der Ruhe und des Gebets, in westlich geprägten Kulturen wird jetzt der Anfang vom Wochenende gefeiert.

Göttlich inspirierte Monatsnamen

So ist der Januar dem römischen Gott Janus gewidmet, dem Gott des Anfangs und des Endes. Mit seinen zwei Gesichtern soll er in die Vergangenheit und in die Zukunft sehen können

Nach damaliger Tradition fand im Februar das römische Sühne- und Reinheitsritual Februa statt und so kam der Februar zu seinem Namen.

Der März verdankt seinen Namen dem römischen Kriegsgott Mars und war im frühen römischen Kalender der erste Monat des Jahres. Grund hierfür: der Frühlingsbeginn auf der Nordhalbkugel.

Namensgeber für den April ist vermutlich Aphrodite, die griechische Göttin der Liebe. Da die Natur in dieser Jahreszeit aus dem Winterschlaf erwacht und sich öffnet, könnte der Name auch auf das lateinische Wort „aperire“ (öffnen) zurückgehen.

Der Wonnemonat Mai ist nach der römischen Göttin der Fruchtbarkeit, von Maia inspiriert.

Juno, die römische Göttin der Ehe, lieh ihren Namen dem Monat Juni. Im Deutschen wird der Monat zur besseren Unterscheidung zum Juli mitunter auch heute noch Juno genannt.

Im frühen römischen Kalender war der Juli der fünfte Monat des Jahres und hieß deswegen einfach nur Quintilis („der Fünfte“). Später wurde mit der Bezeichnung Juli dem römischen Staatsmann Julius Caesar ein bleibendes Denkmal gesetzt.

Kaiser Augustus begann im August sein erstes Konsulat, und so ist auch dieser Monat einem römischen Staatsmann gewidmet.

Der Name September ist ein Überbleibsel einer Zeit, als das Jahr noch im März begann. So deutet sein aus dem Lateinischen „septem“ (sieben) abgeleiteter Name noch immer darauf hin, dass dieser Monat eigentlich der siebte Monat des Jahres sein sollte.

Auch beim Oktober ist diese Zeitrechnung noch erkennbar. Der Name leitet sich von dem lateinischen Wort für die Zahl acht ab: „octo“.

Beim November gingen unseren Vorfahren wohl die Götter aus, denn auch hier ist noch aus alter Zeitrechnung das lateinische Wort für die Zahl neun, also „novem“ erkennbar.

Der Dezember reiht sich an dieser Stelle mit ein. Dieser Name leitet sich vom lateinischen „decem“ ab und bedeutet „der Zehnte“.

Sprache ist lebendig und verändert sich, doch die innere Bedeutung, der Ursprung der Worte hat sich nicht verändert. Mit dem Kalendarium haben uns unsere Vorfahren ein Werkzeug hinterlassen, mit dem wir zuverlässig planen und leben können und nicht im uranfänglichen Chaos versinken.

Dieser Artikel von mir erschien erstmals in der Printausgabe der Epoch Times.