
Karl Valentin: Der Mann, der dem Unsinn Sinn gab
Beiträge . WalhallaEr drehte an der Sprache, bis sie sich selbst widersprach – und traf damit oft mitten ins Schwarze. Karl Valentin, ein Clown mit Tiefgang und feinem Störgefühl fürs Normale.
„Hoffentlich wird es nicht so schlimm, wie es schon ist.“
Am 4. Juni 1882 wurde Karl Valentin in München geboren. Er schuf eines der eigensinnigsten Werke der deutschen Sprach- und Komikgeschichte.
Valentin war kein gewöhnlicher Komiker. Er war ein Sprachzerleger, ein Logikverdreher, ein Philosoph im Dialektkostüm. Aus harmlosen Alltagsbeobachtungen schälte er den Irrsinn der Welt. Er ließ seine Figuren stottern, streiten, missverstehen – und hielt uns damit einen Spiegel vor, der oft komischer war als das Original.
„Mögen hätt ich schon wollen, aber dürfen hab ich mich nicht getraut.“
Karl Valentin war kein Systemkritiker im klassischen Sinn – aber ein genauer Beobachter. Seine Figuren verheddern sich in Sprache, in Vorschriften, in sich selbst. Gerade darin lag seine Wirkung. Bertolt Brecht bewunderte ihn. Loriot und Gerhard Polt ließen sich von ihm prägen. Auch Thomas Mann zählte zu seinen Bewunderern.
Im Jahr 1942, mitten im Zweiten Weltkrieg, schrieb Valentin einen Text mit dem harmlosen Titel „Kriegs-Erklärung“. Er entwarf darin eine groteske Alternative zur Gewalt: Zwei Länder führen keinen blutigen Krieg mehr, sondern ein Tauziehen mit je 1000 starken Männern, mitten auf einem Feld. Wer verliert, zahlt Lösegeld – aber niemand stirbt.
„Keine Blutstropfen – – nur Schweißtropfen – – werden bei diesem Kriege fließen!!!“
Was wie ein kurioser Gedankengang klingt, ist in Wahrheit ein subversiver Appell für den Frieden, verpackt in der scheinbar harmlosen Logik eines Komikers. In einer Zeit, in der Kritik lebensgefährlich sein konnte, formulierte Valentin einen leisen, aber unüberhörbaren Gegenentwurf zum Wahnsinn des Krieges.
Auch im Film brachte Karl Valentin seinen absurden Humor zur Geltung: reduziert, sprachverliebt, oft mit minimalen Mitteln. Seine Kurzfilme wirken wie auf die Leinwand gebrachte Sprachspiele – komisch, zeitkritisch und ihrer Zeit voraus.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wandte sich das Publikum von Karl Valentin ab. Sein sprachkritischer, hintergründiger Humor passte nicht zur Stimmung der Zeit: Die Menschen suchten Leichtigkeit, Aufbruch, Ablenkung – nicht die Konfrontation mit Absurdität und Widerspruch.
Valentin zog sich zurück. Seine Wohnung in München war zerstört, er lebte zuletzt in seinem Haus in Planegg bei München. Dort verbrachte er seine letzten Jahre in großer materieller Not, unterernährt, gesundheitlich geschwächt und weitgehend isoliert.
Am 9. Februar 1948 starb Karl Valentin an einer Lungenentzündung, vermutlich infolge von Grippe und Schwäche. Sein Tod blieb nahezu unbeachtet – sein Werk dagegen wirkt bis heute.
„Wer am Ende ist, kann von vorne anfangen. Denn das Ende ist der Anfang von der anderen Seite.“