
Clara Schumann: Die Unerschütterliche zwischen Kunst und Familie
Beiträge . WalhallaClara – „die Strahlende“ oder „die Berühmte“. Dieser Name sollte sich als prophetisch erweisen, denn Clara Schumann, die als pianistisches „Wunderkind“ gefeiert wurde, eroberte die Musikwelt im Sturm. Doch hinter dem zarten Antlitz, das uns von Porträts anmutig und verträumt entgegenblickt, verbarg sich eine unerschütterliche Frau, die heutigen Vorstellungen einer „Powerfrau“ alle Ehre machen würde.
Clara Schumann, die Strahlende, war nicht nur eine Virtuosin – sie war eine Kämpferin, deren Leben von der Musik durchdrungen war, aber auch von den Prüfungen des Schicksals.
Eine stumme Kindheit und der Aufstieg zum Wunderkind
Clara wurde am 13. September 1819 in Leipzig geboren, als Tochter von Friedrich und Marianne Wieck. Ihr Vater, ein strenger und ehrgeiziger Klavierlehrer, betrieb zudem ein Klavier- und Notengeschäft. Ihre Mutter war eine berühmte Pianistin und Sopranistin. Schon früh schien Clara für das Leben in der Musikwelt bestimmt.
Doch ihre Kindheit war nicht ohne Hindernisse: In den ersten vier Jahren sprach sie kein einziges Wort. Ihre Eltern fürchteten bereits, sie sei taub, so tief in sich zurückgezogen lebte sie. Doch als Clara fünf Jahre alt wurde, durchbrach die Musik das Schweigen. Ihr Vater begann, ihr nach dem Gehör das Klavierspiel beizubringen, und schon bald erkannte er das außergewöhnliche Talent seiner Tochter.
Bis zu ihrem 19. Lebensjahr wurde Clara von ihrem Vater in fast allen Bereichen der Musik ausgebildet – vom Klavierspiel bis hin zu Komposition und Harmonie. Friedrich Wieck war es, der sie durch die großen Opern und Konzerte Leipzigs führte, stets bestrebt, seine Tochter auf den Gipfel des Ruhms zu führen.
Claras erster öffentlicher Auftritt erfolgte im zarten Alter von neun Jahren im Leipziger Gewandhaus, und schon bald darauf komponierte sie ihre ersten eigenen Werke. Die Musikwelt lag ihr zu Füßen, und Namen wie Goethe, Paganini und Liszt zählten zu ihren frühen Bewunderern. Im Alter von 19 Jahren wird Clara in Wien von Kaiser Ferdinand I. zur kaiserlich-königlichen Kammervirtuosin ernannt.
Doch trotz all des Ruhms, der ihr von außen entgegenströmte, war Clara durch die strengen Unterrichtsmethoden ihres Vaters stets geerdet. Noch zwei Jahre vor ihrem Tod schrieb sie: „Er tadelte mich, wenn ich es verdiente und verhinderte so, dass ich durch das Lob, das die Welt auf mich herabregnen ließ, überheblich wurde.“
Ein Kritiker urteilt über Claras Klavierkonzert, das sie mit 13 Jahren geschrieben hat: „Wenn der Name der Komponistin nicht auf der Titelseite gestanden hätte, hätte man nie geglaubt, dass das von einer Frau geschrieben worden ist!“
Eine unkonventionelle Liebesgeschichte
Robert Schumann trat in Claras Leben, als sie elf Jahre alt war, und wurde nicht nur Schüler ihres Vaters, sondern auch ein vertrauter Freund der Familie. Aus der gegenseitigen Bewunderung für die Musik entstand eine tiefe Liebe, die jedoch unter keinem guten Stern stand.
Claras Vater war fest entschlossen, diese Verbindung zu verhindern und er scheute dabei keine Mittel und Wege. So erteilte er Robert Schumann Hausverbot, seiner Tochter strikten Hausarrest und entzog ihr die Verfügungsgewalt all ihrer Einkünfte und drohte sogar damit, von der Pistole Gebrauch zu machen. Letztlich landete die ganze traurige Angelegenheit vor Gericht. Mit niederträchtigen Beleidigungen und widersprüchlichen Argumenten versuchte Wieck, sowohl Roberts als auch Claras Ruf zu zerstören.
Aber weder die Härte des Vaters noch die gesellschaftlichen Hürden konnten die beiden Liebenden trennen. Nach langen vier Jahren Familienkrieg entschied das Gericht zugunsten der Liebenden. Kurz vor Claras 21. Geburtstag, am 12. September 1840, gaben sie sich das Jawort. Mit ihrer Volljährigkeit konnte Clara auch wieder über ihr Geld, das sie sich durch unzählige Konzertreisen verdiente, verfügen.
Die Herausforderungen der Ehe und Karriere
Die Ehe der beiden war erfüllt von Liebe und künstlerischem Austausch, doch auch von Herausforderungen. Robert komponierte und Clara, die als Pianistin auf der ganzen Welt gefeiert wurde, stellte oft ihre eigene Karriere zurück, um den Haushalt und die Erziehung der Kinder zu übernehmen.
„Roberts Liebe beglückt mich unendlich. – Ein Gedanke beunruhigt mich zuweilen, der, ob ich es auch vermögen werde, Robert zu fesseln! Sein Geist ist so groß […] Jetzt trachte ich auch darnach, so viel als möglich mit der Künstlerin die Hausfrau zu vereinen. Das ist eine schwere Aufgabe! Meine Kunst lasse ich nicht liegen, ich müsste mir Vorwürfe machen. Sehr schwer denke ich mir die Führung einer Wirtschaft, immer das rechte Maß und Ziel zu treffen, nicht zu viel auszugeben, aber auch nicht in Geiz zu verfallen. […] Meine größte Sorge ist seine Gesundheit! Sollte ich den Schmerz erfahren müssen, ihn zu verlieren– ich wüsste nicht, ob ich den Mut hätte, noch zu leben.“
Balance zwischen Karriere und Familie
Claras Leben war ein ständiger Balanceakt zwischen ihren eigenen künstlerischen Ambitionen und den Anforderungen, die ihre Rolle als Ehefrau und Mutter von sieben Kindern mit sich brachte.
Obwohl ihre Konzertkarriere immer wieder von Schwangerschaften und familiären Pflichten unterbrochen wurde, blieb Clara unermüdlich. Sie konzertierte in ganz Europa und verdiente damit einen Großteil des Familieneinkommens. 1842 reiste sie sogar nach Kopenhagen, was ihrem Vater Anlass gab, böswillige Gerüchte über eine zerbrochene Ehe zu streuen.
Robert, der unter Claras Erfolg litt, suchte Trost im Bierglas und fühlte sich von ihren beruflichen Erfolgen oft in den Schatten gestellt.
„Die Aufführung der Kunst ist ein großer Teil meines Lebens, sie ist die Luft, die ich atme“, schrieb Clara 1868 an ihren Freund Johannes Brahms.
Die Tragödie der Krankheit und der Abschied von Robert
Doch die Tragik schlich sich unaufhaltsam in ihr Leben. Robert Schumann litt zunehmend unter Nervenkrankheiten, die von Halluzinationen und Melancholie begleitet wurden. Seine Gesundheit verschlechterte sich rapide, und Clara musste die Verantwortung für den Haushalt, die Kinder und die Karriere alleine tragen. Sie spielte seine Werke, um seinen Ruhm zu sichern, während er immer tiefer in seine Krankheit versank.
„Ein böses Schicksal hat mich des vollen Gebrauchs meiner rechten Hand beraubt, so dass ich nicht in der Lage bin, meine Kompositionen so zu spielen, wie ich sie empfinde“, schrieb er in einem Brief an den Gutsbesitzer und Musikdilettanten Simonin de Sire.
Am 27. Februar 1854 wurde Robert vom Wahnsinn überwältigt und stürzte sich in den von Eisschollen bedeckten Rhein. Doch der Versuch, seinem Leben ein Ende zu setzen, misslang. Fischer retteten ihn in letzter Sekunde aus dem eiskalten Wasser, doch die Tragödie seines Verfalls war nicht aufzuhalten.
Auf eigenen Wunsch wurde er wenige Tage später in eine private Nervenklinik eingewiesen. Clara durfte ihn zwei Jahre lang nicht besuchen, erst kurz vor seinem Tod wurde ihr dies gestattet. Ihr achtes Kind, den Sohn Felix, sollte Robert nie kennenlernen.
„Du bist meine rechte Hand und du, du musst auf dich aufpassen, damit dir nichts passiert“, schrieb Robert Schumann an Clara während einer seiner wenigen klaren Momente. Er wusste um ihre familiären Verpflichtungen und die Einschränkungen, denen sie unterlag.
In sein Tagebuch schrieb er am 17. Februar 1843: „Clara hat eine Reihe von kleineren Stücken geschrieben, in der Erfindung so zart und musikreich, wie’s ihr früher noch nicht gelungen. Aber Kinder haben und einen immer phantasierenden Mann und komponieren geht nicht zusammen. Es fehlt ihr die anhaltende Übung, und dies rührt mich oft, da so mancher innige Gedanke verloren geht, den sie nicht auszuführen mag.“
Eine alleinerziehende Mutter und weltberühmte Pianistin
Mit nur 37 Jahren war Clara Schumann Witwe und allein verantwortlich für ihre acht Kinder. Doch sie ließ sich nicht entmutigen. Sie reiste weiter als Konzertpianistin durch Europa und war in der Lage, ihre Familie durch ihre musikalischen Erfolge zu versorgen. Mehrmals boten ihr Freunde und Bewunderer finanzielle Unterstützung an, darunter auch Johannes Brahms, aber Clara lehnte dies stets ab. Stolz und unermüdlich führte sie ihr Leben fort.
1878 wurde Clara die erste Klavierlehrerin am Dr. Hoch’s Konservatorium in Frankfurt am Main, eine Position, die sie als Pionierin in der Musikwelt festigte. Ihr letztes Konzert gab sie im März 1891, im Alter von 71 Jahren. Eine Karriere, die über sechs Jahrzehnte währte, fand am 20. Mai 1896 mit ihrem Tod ihr Ende. Die letzte Musik, die sie hörte, war die Fis-Dur-Romanze ihres verstorbenen Mannes, gespielt von ihrem Enkel Ferdinand.
Clara Schumann lebte ein Leben voller Höhen und Tiefen. Sie vereinte die Rolle der Konzertmanagerin, Komponistin, Klavierpädagogin und Herausgeberin der Werke ihres verstorbenen Mannes, während sie zugleich eine fürsorgliche Ehefrau und Mutter war. Eine wahre Kämpferin und eine der stärksten Frauen ihrer Zeit.