Clara Schumann – vom Wunderkind zur starken Frau

Clara, das bedeutet so viel wie „die Strahlende“ oder „die Berühmte“ und dieser Name wurde Programm bei der als pianistisches „Wunderkind“ gefeierten Künstlerin. 

Auf Porträts blickt sie uns verträumt und voller Anmut entgegen. Doch im Inneren dieser zarten Person verbarg sich eine starke und unbeugsame Frau, die heute dem Begriff Powerfrau alle Ehre machen würde. 

Clara wurde am 13. September 1819 in Leipzig als Tochter von Friedrich und Marianne Wieck geboren. Ihr Vater war ein gefragter Klavierlehrer und er besaß ein Klavier- und Notengeschäft, ihre Mutter war eine berühmte Pianistin und Sopranistin. Als Clara gerade vier Jahre alt war, trennten sich ihre Eltern und sie wuchs bei ihrem Vater auf.

In den ersten vier Jahren ihres Lebens sprach Clara kein einziges Wort und ihre Eltern befürchteten schon, sie wäre taub. Sie schien völlig in ihrer eigenen Welt zu leben. Schließlich, ein Jahr nach der Trennung ihrer Eltern fing sie an zu sprechen. Als Clara 5 Jahre alt war, brachte ihr Vater ihr Musik nach dem Gehör bei und entdeckte schnell ihr großes Talent.

Früher Ruhm

Bis zu ihrem 19. Lebensjahr wurde sie von ihrem ehrgeizigen Vater unterrichtet und wenn er sie nicht selbst unterrichten konnte, stellte er die besten Musiklehrer ein. Clara lernte nicht nur Klavier und die Grundlagen der Musik, sondern auch Geige, Komposition, Harmonie, Orchestrierung und sogar, wie man ein Musikgeschäft führt. Ihr Vater nahm sie zu allen wichtigen Dramen, Opern und Konzerten in Leipzig mit. 

Ihren ersten Auftritt hat sie am 20. Oktober 1828 im Leipziger Gewandhaus mit nur 9 Jahren. Ihre erste Komposition „Quatre Polnaises op1“ erscheint 1831. Sie spielt vor Johann Wolfgang v. Goethe, trifft Niccolò Paganini und Franz Liszt. Im Alter von 19 Jahren wird Clara in Wien von Kaiser Ferdinand I. zur kaiserlich-königlichen Kammervirtuosin ernannt.

Nur zwei Jahre vor ihrem Tod schrieb Clara in einem Brief über die Unterrichtsmethoden ihres Vaters: „Er tadelte mich, wenn ich es verdiente und verhinderte so, dass ich durch das Lob, das die Welt auf mich herabregnen ließ, überheblich wurde.”

Ein Kritiker urteilte über Claras Klavierkonzert, das sie mit 13 Jahren geschrieben hat: „Wenn der Name der Komponistin nicht auf der Titelseite gestanden hätte, hätte man nie geglaubt, dass das von einer Frau geschrieben worden ist!“

Robert und Clara

Robert Schumann wurde Friedrich Wiecks Schüler, als Clara 11 Jahre alt war. Nach Claras 16. Geburtstag wurde aus der gegenseitigen musikalischen Bewunderung eine Liebe. Ihr Vater war von Anfang an gegen diese Beziehung und scheute keine Mittel und Wege, um die Heirat zu verhindern. So erteilte er Robert Schumann Hausverbot, seiner Tochter strikten Hausarrest und entzog ihr die Verfügungsgewalt all ihrer Einkünfte und drohte sogar damit, von der Pistole Gebrauch zu machen. Letztlich landete die ganze traurige Angelegenheit vor Gericht. Mit niederträchtigen Beleidigungen und einer Flut von widersprüchlichen Argumenten wollte Wieck nicht nur Roberts Ruf ruinieren, sondern auch den seiner Tochter Clara.

Doch die Liebe der beiden ist stärker und nach langen vier Jahren Familienkrieg entschied das Gericht zugunsten der Liebenden. Kurze Zeit später, einen Tag vor Claras 21. Geburtstag konnten die beiden nach siebenjähriger Verlobung endlich heiraten. Mit ihrer Volljährigkeit konnte Clara auch wieder über ihr Geld, das sie sich durch unzählige Konzertreisen verdiente, verfügen.

Balance zwischen Ehefrau, Mutter, Hausfrau und Karriere

Ihre Ehe mit Schumann war geprägt von gegenseitiger Bewunderung, Liebe aber auch von Verlust und Disharmonie. So galten traditionelle Werte, in denen Roberts Arbeit Vorrang hatte: Wenn er komponieren wollte, durfte Clara nicht Klavier üben.

„Mein Clavierspiel kommt wieder ganz hintenan, was immer der Fall ist, wenn Robert componirt. Nicht ein Stündchen im ganzen Tag findet sich für mich!“, schreibt sie 1841 in ihr Tagebuch.

Obschon er Claras Talent schätzt und ihr komponieren und konzertieren erheblich zum Familieneinkommen beitrug, erwartete Robert, dass seine Frau sich unterordnete und die Rolle der Hausfrau und Mutter ihrer sieben Kinder gewissenhaft ausfüllte. Clara stellte also ihre Karriere zugunsten der Ehe und der gemeinsamen Kinder immer wieder hinten an.

„Roberts Liebe beglückt mich unendlich. – Ein Gedanke beunruhigt mich zuweilen, der, ob ich es auch vermögen werde, Robert zu fesseln! Sein Geist ist so groß […] Jetzt trachte ich auch darnach, so viel als möglich mit der Künstlerin die Hausfrau zu vereinen. Das ist eine schwere Aufgabe! Meine Kunst lasse ich nicht liegen, ich müsste mir Vorwürfe machen. Sehr schwer denke ich mir die Führung einer Wirtschaft, immer das rechte Maß und Ziel zu treffen, nicht zu viel auszugeben, aber auch nicht in Geiz zu verfallen. […] Meine größte Sorge ist seine Gesundheit! Sollte ich den Schmerz erfahren müssen, ihn zu verlieren– ich wüsste nicht, ob ich den Mut hätte, noch zu leben.“

Obwohl ihre Laufbahn als Konzertpianistin immer wieder von Schwangerschaften unterbrochen wurde, konnte sie dennoch Verträge über eine Tournee abschließen und so reiste sie 1842 nach Kopenhagen. Daraufhin verbreitete ihr Vater schadenfroh das Gerücht, die Ehe seiner Tochter sei gescheitert. Ihr Mann Robert suchte in Leipzig derweil Trost im Bierglas. Sein Stolz litt unter den beruflichen Erfolgen seiner Frau.

„Die Aufführung der Kunst ist ein großer Teil meines Lebens, sie ist die Luft, die ich atme”, schrieb sie 1868 an Familienfreund Brahms.

Wie in Guten so auch in schlechten Zeiten

Schumann wurde nervenkrank und kämpfte gegen die Symptome, wie Schwindelanfälle und Schwerhörigkeit, Halluzinationen und Melancholie. 

„Ein böses Schicksal hat mich des vollen Gebrauchs meiner rechten Hand beraubt, so dass ich nicht in der Lage bin, meine Kompositionen so zu spielen, wie ich sie empfinde”, schrieb er in einem Brief an den Gutsbesitzer und Musikdilettanten Simonin de Sire.

Weil Robert nicht mehr dazu in der Lage war, spielte Clara seine neuen Kompositionen und trug somit zu seiner Bekanntheit in Europa und zu seinem Ruhm bei.

Schumanns lange Krankheit bedeutete, dass Clara den Haushalt führen und auch Geld verdienen musste. „Du bist meine rechte Hand und du, du musst auf dich aufpassen, damit dir nichts passiert“, schreibt Schumann an Clara während einer seiner mittlerweile wenigen klaren Momente. 

Robert wusste auch um die Hemmnisse aufgrund ihrer familiären Verpflichtung. In sein Tagebuch schreibt er am 17. Februar 1843: „Clara hat eine Reihe von kleineren Stücken geschrieben, in der Erfindung so zart und musikreich, wie’s ihr früher noch nicht gelungen. Aber Kinder haben und einen immer phantasierenden Mann und komponieren geht nicht zusammen. Es fehlt ihr die anhaltende Übung, und dies rührt mich oft, da so mancher innige Gedanke verloren geht, den sie nicht auszuführen mag.“ 

Am 27. Februar 1854 wurde Robert vom Wahnsinn überwältigt und er stürzte sich in den von Eisschollen bedeckten Rhein. Die Besatzung eines Fischerbootes zog ihn aus dem Wasser und der Selbstmordversuch missglückt. Auf eigenen Wunsch wird er wenige Tage später in eine private Nervenanstalt eingewiesen. Clara darf ihn, bis kurz vor seinem Tod, zwei Jahre lang nicht besuchen. Das achte Kind, seinen Sohn namens Felix, hat Schumann nie gesehen.

Alleinerziehende Witwe mit acht Kindern

Mit 37 Jahren verwitwet, gab sie in der ganzen Welt Konzerte. Dadurch war sie in der Lage, ihre Kinder und Enkelkinder eigenständig zu versorgen. Von zahlreichen Freunden und Bewunderern ihrer Musik, insbesondere von Familienfreund Johannes Brahms, wurde ihr mehrmals finanzielle Unterstützung angeboten, doch die stolze und unerschütterliche Clara lehnt dies ab.

1878 wurde Clara die erste Klavierlehrerin am Dr. Hochs Konservatorium in Frankfurt a.M.. Ihr letztes Konzert gibt sie am 12. März 1891, als sie bereits 71 Jahre alt war. Ihre glanzvolle Karriere, die rund 60 Jahre andauerte, endete am 20. Mai 1896 mit ihrem Tod. Die Fis-Dur-Romanze ihres Mannes war die letzte Musik, die sie hörte, gespielt von ihrem Enkel Ferdinand.

Clara Schumann führte ein Leben voller Höhen und Tiefen. Sie vereinte die Rolle der Konzertmanagerin, Komponistin, Klavierpädagogin, Herausgeberin der Werke ihres verstorbenen Mannes und sie war eine fürsorgliche Ehefrau und Mutter – eine starke Frau.